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Dr. Barrett übernimmt Präsidentschaft der EAMHID

MECKENBEUREN-LIEBENAU – Dr. Brian Fergus Barrett, Psychiater und Psychotherapeut an der St. Lukas-Klinik der Stiftung Liebenau, steht für die nächsten zwei Jahre als Präsident an der Spitze der Europäischen Gesellschaft für psychische Gesundheit bei Intelligenzminderung (EAMHID). Er engagiert sich seit vielen Jahren für dieses europäische Netzwerk und hat auch den 13. EAMHID-Kongress Ende September in Berlin mitorganisiert. Was diese Arbeit bewirkt, erzählt er im Interview.

Dr. Brian Fergus Barrett, Psychiater und Psychotherapeut an der St. Lukas-Klinik, auf dem EAMHID-Kongress Ende September in Berlin.

Dr. Brian Fergus Barrett, Psychiater und Psychotherapeut an der St. Lukas-Klinik, auf dem EAMHID-Kongress Ende September in Berlin. © Bethel

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war mit einer Videobotschaft auf dem Kongress vertreten.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war mit einer Videobotschaft auf dem Kongress vertreten. © Bethel

Drei Tage voller Vorträge, Workshops und Gespräche liegen hinter Ihnen. Was wird Ihnen von diesem Kongress in besonderer Erinnerung bleiben?

 

Dr. Barrett: Mich hat sehr beeindruckt, dass 720 Menschen aus 26 verschiedenen Ländern über die Grenzen hinweg die Möglichkeit zum interdisziplinären Austausch genutzt haben, 176 davon online. Besonders schön war an diesem Kongress, dass es gelungen ist, Menschen mit Behinderungen aktiv zu beteiligen. Schließlich zeigen die Videobotschaften von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Bundesozialminister Hubertus Heil, dass unser Anliegen in der Politik angekommen ist.

 

Was ist denn Ihr Anliegen?

 

Dr. Barrett: Es geht uns, so auch das Motto des Kongresses, um die Verbesserung der psychischen Gesundheit bei Menschen mit einer intellektuellen Entwicklungsbehinderung. Wir hatten dazu beim Kongress über 300 verschiedene Beiträge.

 

Sie gehören seit 2015 dem EAMHID-Vorstand an und haben beim Kongress in Berlin nun auch die Präsidentschaft übernommen. Warum engagieren Sie sich in diesem Bereich?

 

Dr. Barrett: Als junger Assistenzarzt nahm ich am ersten EAMHID-Kongress in Deutschland teil, der vor 20 Jahren ebenfalls in Berlin stattfand. Damals fristete die Behandlung von Menschen mit intellektuellen Entwicklungsbehinderungen in Deutschland ein eher stiefmütterliches Dasein und ich erhoffte mir Inspiration durch den Blick über den nationalen Tellerrand hinaus. Ich war beeindruckt von der Vielfalt der Möglichkeiten, vor allem in der nichtmedikamentösen Behandlung. In Folge nahm ich dann an fast allen EAMHID-Kongressen teil und vernetzte mich in der Community.

 

Wo stehen wir heute?

 

Dr. Barrett: Es hat sich mittlerweile viel getan. So wird nicht mehr in Frage gestellt, dass eine psychotherapeutische Behandlung von Menschen mit intellektuellen Entwicklungsbehinderungen möglich ist. Der Einfluss der sozio-emotionalen Entwicklung auf sogenannte Verhaltensauffälligkeiten ist inzwischen anerkannt. Auch das Verständnis der Autismus-Spektrum-Störungen ist weiter vorangeschritten. Dies alles ist auch ein Verdienst der EAMHID und ihres Pendants auf nationaler Ebene, der Deutsche Gesellschaft für seelische Gesundheit bei Menschen mit geistiger Behinderung (DGSGB). Beide Gesellschaften sehen ihre Aufgabe im Vernetzen, im Austausch und der Vermittlung von Wissen sowie in der Interessensvertretung von Menschen mit Behinderungen.

 

Zurück zum Kongress in Berlin: Wieviel Wissenschaft und wieviel Praxisbezug prägten ihn?

 

Dr. Barrett: Beides war wichtig. Es gab Vorträge zu wissenschaftlichen Erkenntnissen genauso wie Workshops mit Handreichungen für die praktische Arbeit. Ein Beispiel: Ein Vortrag über Glücksforschung bei Menschen mit Autismus wurde ergänzt mit einem Workshop zu der Frage: Was kann man tun, damit Menschen mit Autismus glücklich sind? Das Verständnis für die jeweiligen Bedürfnisse hat ja eine praktische Bedeutung: Es führt zu mehr Lebensqualität der Betroffenen und zu weniger Problemen in ihrem Alltag.

 

Wie fließt Ihr Engagement in die Stiftung Liebenau ein?

 

Dr. Barrett: Das Engagement als Vorsitzender der DGSGB z.B. hatte jüngst einen unmittelbaren Effekt auf die Leistungserbringer in der spezialisierten psychiatrischen Versorgung von Erwachsenen mit intellektueller Entwicklungsbehinderung und damit auch auf die Stiftung Liebenau. So sahen die Personalrichtlinien in diesem Bereich bisher keine Anerkennung von Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspflegern sowie Heilpädagoginnen und Heilpädagogen vor, obwohl sie in den entsprechenden Fachkliniken häufig mehr als 60 Prozent aller Pflegekräfte in der Erwachsenenpsychiatrie ausmachen. Ab 2022/23 wäre dies auf den Stationen nicht mehr zulässig gewesen. Durch jahrelanges, hartnäckiges Intervenieren auf allen Ebenen ist es uns vor kurzem gelungen, ihre Anerkennung zu erreichen.

 

Ein weiteres konkretes Beispiel ist der kommende Fachtag der St. Lukas-Klinik am 24. Juni 2022. Dank der Vernetzung durch die EAMHID ist es uns gelungen, diesen hochkarätig mit international renommierten Referentinnen und Referenten zu besetzen: aus Belgien Peter Vermeulen zum Thema Autismus sowie aus den Niederlanden Paula Sterkenburg zum Thema Bindungsstörungen und Geert Bettinger mit seinem anderen Blick auf sogenannte Verhaltensauffälligkeiten.

 

 

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