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Fachtag: Wenn der Boden nicht mehr trägt

RAVENSBURG – Mit den Wirkungen und Folgen von Trauma beschäftigten sich 130 Fachkräfte aus sozialen Bereichen bei einem Fachtag, organisiert von der Fachschule für Heilpädagogik am Institut für Soziale Berufe (IfSB) in Ravensburg. In zwei Fachvorträgen und anschließenden Vertiefungsworkshops wurden verschiedene Facetten der Thematik sowie unterschiedliche Bewältigungsstrategien und Möglichkeiten zur Heilung beleuchtet.

Leiterin der Fachschule für Heilpädagogik am Institut für Soziale Berufe (IfSB) und Organisatorin, Heidi Fischer (v.l.), Referent Dr. Dr. Ralf Lutz, Katharina Richter vom Organisationsteam am IfSB und Prof. Dr. Florian Kluger, Leiter IfSB.

Beim Fachtag „Wenn der Boden nicht mehr trägt“: die Leiterin der Fachschule für Heilpädagogik am Institut für Soziale Berufe (IfSB) und Organisatorin, Heidi Fischer (v.l.), Referent Dr. Dr. Ralf Lutz, Katharina Richter vom Organisationsteam am IfSB und Prof. Dr. Florian Kluger, Leiter IfSB.

Den Zusammenhang zwischen Trauma und Religion zeigte der Theologe und Psychologe an der Universität Tübingen, Dr. Dr. Ralf Lutz, beim Fachtag am Institut für Soziale Berufe (IfSB) auf.

Den Zusammenhang zwischen Trauma und Religion zeigte der Theologe und Psychologe an der Universität Tübingen, Dr. Dr. Ralf Lutz, beim Fachtag am Institut für Soziale Berufe (IfSB) auf.

Traumatherapeut Andre Jacomet sprach beim Fachtag am Institut für Soziale Berufe (IfSB) vor 130 Fachleuten aus den sozialen Bereichen über die Bedeutung der Traumabewältigung.

Traumatherapeut Andre Jacomet sprach beim Fachtag am Institut für Soziale Berufe (IfSB) vor 130 Fachleuten aus den sozialen Bereichen über die Bedeutung der Traumabewältigung.

Thematik: urmenschlich und ernst

„Es ist eine urmenschliche Erfahrung, verletzlich zu sein, und in unserer Arbeit stehen seelische und psychische Verwundungen oft im Vordergrund“, mit diesen Worten eröffnete Prof. Dr. Florian Kluger, Leiter des Instituts für Soziale Berufe in Ravensburg den Fachtag. Es ist eine ernste Thematik und seine Ausgangsthese lautet: „Nur wer sich das Trauma anschaut, kann es auch heilen.“

 

Das Potenzial von Religion

Was trägt einen traumatisierten Menschen wenn der Boden wegbricht? Eine mögliche Antwort darauf gab Dr. Dr. Ralf Lutz, Theologe und Psychologe an der Universität Tübingen: „Eine gesunde und lebensdienliche Religion, ganz egal welche, bietet ein großes Potenzial zur Prävention und Bewältigung von traumatischen Erfahrungen.“ Zwischen einem Trauma und Religion besteht der Zusammenhang, dass beides den Menschen zuinnerst berührt. „Das Trauma bringt die gesamte Persönlichkeit zum Wanken. Religion dagegen bietet einen Raum, in dem sich der ganze Mensch verankern kann“, so erläuterte Ralf Lutz in seinem Vortrag. Für ihn besteht ein wichtiger Zusammenhang zwischen dem, was einem Menschen Halt gibt, seiner Lebenseinstellung und dem, was er daraus im Verhalten zeigt: „Wir sind als Menschen so gestrickt, dass wir uns einen Reim auf unser Leben machen wollen, dass unser Leben gelingt und wir die Frage nach dem Sinn des Lebens beantworten können.“

 

Haltungen als Schutzfunktion

Die Art und Weise, wie ein Mensch sein Leben versteht, ist demnach für die Bewältigung von Trauma fundamental, weil sich daraus wichtige Ressourcen ableiten lassen. Eine gesunde Religion vermag Menschen frei zu machen für eine Stellungnahme zu sich und der Welt, greift seine tiefsten Sinnfragen auf und beantwortet diese im Idealfall. Auch eröffnet sie vielfältige Haltungen wie Hoffnung, Dank, Versöhnung und Vertrauen, die seelische und körperliche Heilungsprozesse in Gang setzen können und in hohem Maße präventiv gegenüber Traumatisierungen wirken.

 

Das Wiederherstellen von Würde

In einem zweiten Fachvortrag „Trauma als Chance zu einer authentischen Identität“ beschreibt der Traumatherapeut Andre Jacomet die Notwendigkeit, ein Trauma zu bewältigen, um zu werden, wer man wirklich ist. „Jedes Trauma geht einher mit einem Verlust an Würde. Wollen wir das Trauma heilen, müssen wir die Würde wieder herstellen.“ Ein bearbeitetes Trauma kann als gewachsene Identität verstanden werden. In der Therapie dreht sich viel um die Frage: „Wie kann ich mich in der Welt verkörpern?“ Das ist nur möglich, wenn das Trauma als Hindernis beseitigt wird, wenn man sich vom Trauma löst, um sich selbst zu verwirklichen.

 

Trauma und Körperarbeit

In seiner Arbeit als Traumatherapeut greift er dabei unter anderem auf die Somatic Experiencing (SE)® von Peter Levine zurück. Dabei wird das Trauma nicht in erster Linie durch das Ereignis, sondern durch die körperliche Reaktion auf das Ereignis definiert. Ein Trauma ist verarbeitet und integriert, wenn man daran denken und darüber sprechen kann, ohne dass das Nervensystem in Stress gerät. Es wird zu einer Erfahrung, die nicht länger das Leben bestimmt.