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Gehend gedenken, um nicht zu vergessen

„Gehen gegen das Vergessen“ – unter diesem Motto fand eine 32-stündige Gedenkwanderung von Kindern und Jugendlichen, die in der Stiftung Liebenau betreut werden, zur Tötungsanstalt Grafeneck, statt. Sie erinnerten damit an die 501 Bewohnerinnen und Bewohner der Stiftung Liebenau, die während der Nazizeit 1940 und 1941 ermordet wurden.

Das Gedenk-Tuch wurde über die ganze Wanderstrecke mitgetragen.

Die Kreuze auf dem Gelände der Gedenkstätte Grafeneck erinnern an die von den Nazis ermordeten Menschen mit Behinderungen.

Ein bewegtes Zeichen
Sie wollten ein Zeichen gegen das Vergessen der Gräueltaten der Nazis an Menschen mit Behinderungen setzen. Die über 100 Kilometer legten zwölf Jugendliche mit Einschränkungen und ihre Begleiter als „Staffelwanderung“ zurück: Nach jeweils ungefähr vier Kilometern Fußmarsch trafen sie sich an einer vereinbarten Stelle mit den anderen Teilnehmern, die mit zwei Kleinbussen unterwegs waren. Dort wurden sie von der nächsten Gruppe abgelöst, die wiederum vier Kilometer zurücklegte. Stephan Becker, Heilpädagoge und Initiator der Gedenkwanderung möchte eine „lebendige Erinnerungskultur erhalten. Denn nur wer sich erinnert, kann dem Vergessen entgegenwirken. Die Aufklärung über die Nazi-Verbrechen interessiert die Jugendlichen mit Einschränkungen ganz besonders – vielleicht wären sie damals auch der Willkür zum Opfer gefallen und von Ärzten, Pädagogen und Staatsbeamten als „lebensunwertes Leben“ stigmatisiert worden. Denn, so Becker weiter, wo Entwertung menschlichen Lebens entsteht, müsse man hellhörig werden und zum Nachdenken anregen.  

Herausfordernde „Staffelwanderung“ bei 30 Grad
Non-Stopp waren sie unterwegs von Hegenberg in Meckenbeuren bis zur Gedenkstätte in Grafeneck. Um 4.30 Uhr ging es am ersten Morgen los. Es war ein Weg, der körperlich herausforderte: Morgens war es kühl, später wurde es zum Teil über 30 Grad heiß. Nach 18 Stunden auf den Beinen, rasteten sie in der Nähe des Wallfahrtsortes Bussen, bevor sie um 2.30 Uhr wieder weiter gingen. Ausgestattet mit Stirnlampen ging es durch Wald und Feld weiter. Schließlich kamen sie in der Gedenkstätte in Grafeneck an, wo sie von Franka Rößler, der wissenschaftlichen und pädagogischen Mitarbeiterin der Gedenkstätte begrüßt wurden.

Dank für besondere Form des Erinnerns
Das Gedenken braucht einen Ort: Unter diesem Leitgedanken entstand 1990 die Gedenkstätte Grafeneck, 50 Jahre nachdem dort mehr als 10 000 Menschen mit Behinderungen ermordet wurden. Dass ein Ort zum Gedenken wichtig ist, merkten auch die Jugendlichen selbst, denn durch die körperlichen Anstrengungen der Wanderung waren sie manchmal vom eigentlichen Grund der Wanderung abgelenkt: die Erinnerung an die dunkle Zeit, in der so viele Menschen umgebracht wurden „nur weil sie etwas anders waren“, so ein Teilnehmer der Gruppe. Am Ort des Geschehens aber wurde dies allen wieder bewusst. Rößler erklärte den Teilnehmern die Vorkommnisse in Grafeneck, berichtete von dem Schweigen, das noch Jahrzehnte nach dem Verbrechen herrscht und bedankte sich für die ganz besondere Form des Gedenkens der Wandergruppe.

 

 

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