Keine Selbstverständlichkeit
Was zunächst wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist eine Besonderheit. Frau W. ist seit über 30 Jahren psychisch krank und lebt in ihrer eigenen Welt. Um eine Unterbringung in einer geschlossenen stationären Einrichtung zu vermeiden, wurde 2011 Ambulant Betreutes Wohnen (ABW) für sie beantragt. Seitdem wird sie regelmäßig drei Mal pro Woche von einer Mitarbeiterin der Ambulanten Dienste Lindau der Stiftung Liebenau in ihrer Wohnung besucht. Anfangs waren Absprachen mit ihr kaum möglich. Mit der Zeit fand Eva Sasse heraus, dass sie Frau W. am ehesten um die Mittagszeit antrifft. Mittlerweile wartet Frau W. bereits auf ihre Besucherin, erkundigt sich, wann sie das nächste Mal kommt und beklagt sich, wenn diese mal im Urlaub ist.
Hilfenetz für individuelles Leben
So hat sich über die Jahre vieles zum Positiven gewandelt. Nicht zuletzt durch die enge Zusammenarbeit im Hilfenetz zwischen psychiatrischer Versorgung, Pflegedienst, gesetzlichem Betreuer und ABW blieb die Lebenssituation von Frau W. die letzten Jahre stabil. Im Alltag konnten viele kleine Verbesserungen erreicht werden. Essen auf Rädern stellt die regelmäßige Ernährung sicher, Einkäufe werden gelegentlich gemeinsam erledigt und erst durch die persönliche Begleitung nimmt Frau W. Vorsorgeuntersuchungen bei Ärzten wahr, die sie viele Jahre vermieden hat. Gibt es Konflikte mit dem Wohnumfeld, übernimmt Eva Sasse die Rolle der Vermittlerin und erklärt die Hintergründe der psychischen Erkrankung. Manchmal liest die gelernte Heilerziehungspflegerin Frau W. auch einfach nur vor oder sie machen gemeinsam mit einem anderen Klienten einen kleinen Ausflug oder gehen eben zusammen spazieren. Der größte Wunsch der freiheitsliebenden Frau: Weiterhin in ihrer eigenen Wohnung leben zu können.