Elke Gundel, Geschäftsführerin der Liebenau Teilhabe, dankte besonders den Frauenbeauftragten der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, die die Ausstellung ermöglicht hatten. „Sie haben deutlich gemacht, dass Gewalt gegen Frauen keine Grenzen kennt. Sie betrifft Frauen unabhängig von Alter, Herkunft, sozialem Status oder Behinderung“, betonte Gundel. Menschen mit Einschränkungen sind am Arbeitsplatz statistisch dreimal häufiger von sexualisierter Gewalt betroffen als der Bevölkerungsdurchschnitt. Studien im Auftrag des Bundessozialministeriums von 2024 ergaben, dass über 60 Prozent der Befragten, die in Wohneinrichtungen leben, psychische Gewalt erfahren haben, etwa Beleidigungen, Demütigungen oder Ausgrenzungen. Von körperlicher Gewalt berichtet mehr als die Hälfte.
Die Botschaft weitertragen
Ein Grund dafür liegt darin, dass Menschen mit Behinderungen Gewalt oft nicht als solche erkennen oder benennen können. Viele sind es gewohnt, dass ihre Grenzen überschritten werden. Eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten erschweren zusätzlich, Übergriffe klar zu benennen. Umso wichtiger sei es, dass Einrichtungen Verantwortung übernehmen, Solidarität zeigen und Aufmerksamkeit schaffen. „Tragen Sie die Botschaft der Lichtsäule weiter. Gewalt gegen Frauen darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Jede Frau hat das Recht auf ein Leben in Sicherheit, Würde und Selbstbestimmung“, bekräftigte Gundel.
Lichtsäule wurde von drei Gymnasiastinnen gestaltet
Drei Schülerinnen der 9. Klasse des Gymnasiums Wilhelmsdorf gestalteten gemeinsam mit ihrer Lehrerin und Projektleiterin Ingeborg Gnannt dieses besondere Kunstwerk zur sexualisierten Gewalt an Frauen: ein „Säulengedicht“. Es versprachlicht auf der einen Seite den inneren Konflikt aus der Perspektive eines Opfers, das eingeschüchtert und verängstigt ist. Wird der Text der unmittelbar angrenzenden Seite der Säule mitgelesen, entsteht ein neuer Sinn: Mut und Kampfgeist kommen zum Ausdruck.
Gemeinsame Themen und Gefühle
Im Austausch mit ihren Schülerinnen stellte Ingeborg Gnannt fest, dass die Erfahrungen von Betroffenen oft vergleichbar sind und sich Täter-Opfer-Konstellationen ähneln. Zentrales Motiv und auch Titel des Säulengedichtes ist die Machtlosigkeit – ein Zustand, dem Frauen und Mädchen durch das Erheben der eigenen Stimme zumindest teilweise entkommen können.
Strukturen erkennen und verändern
Die Frauen- und Familienbeauftragte des Bodenseekreises, Veronika Wäscher-Göggerle, hob in ihrer Begrüßung hervor, dass gerade Frauen mit Behinderungen besonderen Schutz benötigen. „Nicht, weil sie schwach sind, sondern weil sie häufiger Abhängigkeiten, Barrieren und Machtgefälle erleben.“ Solche Strukturen müssten erkannt und verändert werden. „Mein Dank gilt der Stiftung Liebenau, die mit der Lichtsäule ein starkes Zeichen gegen Gewalt setzt.“
Mandarinen als Zeichen des Orange Days
Die rund 40 Teilnehmenden, die meisten mit Einschränkungen, bekamen am Ende der Veranstaltung jeweils eine Mandarine als Symbol für die UN-Kampagne geschenkt. Betroffen zeigten sie sich von den Zahlen zur sexualisierten Gewalt. Eine Beschäftigte der WfbM schüttelte heftig den Kopf: „Das darf nicht sein!“

