„Für uns ist klar, dass wir trotz dieser Umstände alle unsere Angebote aufrechterhalten wollen, um Menschen mit Unterstützungsbedarfen und ihren Familien weiter helfen zu können. Die verlässliche, qualitativ und fachlich hochwertige Versorgung und Betreuung ist wichtig für die Stabilität unserer Gesellschaft“, halten die Vorstände Dr. Berthold Broll und Dr. Markus Nachbaur fest.
„Hilfesysteme müssen radikal vereinfacht werden“
Um die bestmögliche Versorgung und Betreuung sicherzustellen und einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zu leisten, muss der Sozialstaat nun endlich reformiert werden. Angesichts des von der neuen Bundesregierung angekündigten Herbsts der Sozialreformen ist die Position der Stiftung Liebenau aus der Praxisperspektive klar: „Das Regelsystem der Hilfen und Leistungen in allen Bereichen muss radikal vereinfacht werden. Statt kleinteiliger Regelwerke brauchen wir einen verlässlichen Rahmen mit viel Freiheit für die Menschen und Sozialunternehmen. Die Grenzen zwischen den Sektoren Gesundheitsversorgung, Pflege und Teilhabe müssen abgebaut und unnötige Bürokratie im Sozialbereich verringert oder gleich ganz abgeschafft werden“, hält Dr. Broll fest und fügt hinzu: „Wir hoffen, dass unsere Einschätzungen auch vor dem Hintergrund unserer internationalen Erfahrungen auf Gehör in der Bundes- und Landespolitik stoßen.“
Stiftungsverbund beschäftigt 9715 Mitarbeitende
Im Jahr 2024 arbeiteten rund 9715 Mitarbeitende länderübergreifend im Liebenauer Stiftungsverbund. Sie waren in 425 Einrichtungen und Diensten in Deutschland, Österreich, Italien, der Schweiz, Bulgarien und der Slowakei tätig, 365 mehr als im Jahr zuvor. Der Stiftungsverbund umfasst insgesamt 17 Tochtergesellschaften, 16 Beteiligungsunternehmen und sechs weitere zugeordnete Rechtsträger. Diese vielfältigen Unternehmen sind in 134 Städten und Gemeinden aktiv. Darüber hinaus engagieren sich rund 1700 Ehrenamtliche in den verschiedenen Bereichen, deren Zahl nach den Pandemiejahren weiter nur langsam wächst. Gemeinsam mit ihnen pflegen, betreuen und begleiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich derzeit rund 47.000 Menschen.
Jahresergebnis ist weiterhin nicht zufriedenstellend
„2024 war das Jahresergebnis nicht zufriedenstellend. Und das aus mehreren Gründen: Der anhaltende Personalmangel erfordert eine intensive Personalakquise. Die neu eingeführten, flexiblen Arbeitszeitmodelle beginnen sich hier aber positiv auszuwirken, was uns zuversichtlich macht“, zeigt Dr. Nachbaur auf. „Die wirtschaftliche Lage ist auch aufgrund der nicht ausreichenden Pflegesätze zur Deckung der laufenden Kosten weiterhin angespannt. Hinzu kommen die notwendigen und wichtigen Digitalisierungsmaßnahmen sowie Aufwendungen für Instandhaltungen und energetische Sanierungen, die ebenfalls nur teilweise refinanziert sind.“ Dennoch ist man sich der Notwendigkeit von Zukunftsinvestitionen bewusst: „Wir investieren weiterhin in das wichtigste Kapital der Stiftung Liebenau, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie in die Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Unsere Arbeit in den verschiedenen Geschäftsbereichen zeichnet sich durch eine hohe Fachlichkeit aus. Diese sichern wir mit Blick auf aktuelle und zukünftige Anforderungen an unsere Arbeit durch praxisnahe Weiterbildungsangebote für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an unserer Akademie Schloss Liebenau.“
Investitionen in die Zukunft
„Die Zukunft der sozialen Arbeit liegt in Innovation und sektorenübergreifendem Denken. Angebote dürfen sich nicht an rechtlichen Zuständigkeiten orientieren, sondern an den realen Bedürfnissen von Menschen“, betonen Dr. Broll und Dr. Nachbaur. Im Jahr 2024 wurden die digitalen Hilfen in der Pflege ausgebaut und verschiedene Modelle im häuslichen und vorstationären Pflegebereich gestärkt. Im Bereich der frühkindlichen Förderung konnte ein weiterer Standort in Friedrichshafen eröffnet werden. Im Zuge der Neuausrichtung der Fachzentren der Teilhabe nahm das Haus St. Raphael in Liebenau den Betrieb auf. Mit den Lebensräumen für Jung und Alt in Ottobeuren wurde die 31 Wohnanlage mit integrierter Quartiersarbeit eröffnet. „Die Stiftung Liebenau ist in besonderem Maße der Nachhaltigkeit verpflichtet. Unser Ziel ist es, Ressourcen mit Weitsicht und Sorgfalt zu nutzen.“ So konnten in Liebenau zwei weitere große Dächer mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden. Im Fuhrpark wird verstärkt auf Elektromobilität gesetzt: 2024 war jedes dritte neu bestellte Fahrzeug ein Elektroauto oder ein Plug-in-Hybrid.
Bedeutung der Internationalität steigt
Um die Integration der internationalen Mitarbeitenden noch besser zu gestalten, wurde 2024 ein neues Personalwohnheim in Friedrichshafen eröffnet. Ein ehemaliges Hotel wurde zu einem Boarding-Center umgebaut, das neben Wohnraum auch eine Begleitstruktur mit einem „Kümmerer” für die ersten Wochen bietet. „Wir sind dankbar für die Mitarbeit der internationalen Kolleginnen und Kollegen bei der Erfüllung unseres Stiftungsauftrags. Sie bereichern unsere Teams und uns enorm. Diese zunehmende Bedeutung des Internationalen spiegelt sich ebenso in der Zunahme unserer internationalen Aktivitäten wider.“ So kamen 2024 in der Schweiz und Italien insgesamt drei Häuser neu hinzu: „Diesen Weg werden wir in Zukunft weiterverfolgen“, so die beiden Vorstände.
Der Jahresbericht 2024 der Stiftung Liebenau und der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist ist als PDF-Datei und ebook abrufbar.