Seitlich streichen für weitere Aufgabenfelder <>

Fußball: Vorbild für Inklusion

MARKDORF/BODNEGG – Sein überregionales Albert-Weber-Junioren-Fußballturnier veranstaltete der SC Markdorf am letzten Juni-Wochenende bereits zum 29. Mal. Eingebettet in dieses Turnier war zum zweiten Mal auch das „Integrative Fußballturnier für Menschen mit Behinderungen“. Der Markdorfer Sportclub trainiert bereits seit vielen Jahren ein Team, das aus Menschen mit Handicap aus der Region besteht. Vorstand Dietmar Künzig ist es ein Herzensanliegen, sie mehr in den Fokus zu stellen und in die Mitte der Gesellschaft zu holen. Was könnte sich besser eignen als ein Fußballturnier? Der FC Rosenharz vom Fachzentrum der Stiftung Liebenau war dabei.

Beim Albert-Weber-Junioren-Fußballturnier des SC Markdorf war allenfalls die Körpergröße ein Unterschied: die großen und kleinen Teilnehmenden begegneten sich ohne Berührungsängste auf Augenhöhe.

Beim Albert-Weber-Junioren-Fußballturnier des SC Markdorf war allenfalls die Körpergröße ein Unterschied: die großen und kleinen Teilnehmenden begegneten sich ohne Berührungsängste auf Augenhöhe.

Fußball als Gemeinsamkeit hat Verbindung geschaffen.

Fußball als Gemeinsamkeit hat Verbindung geschaffen.

Auch bei den Zweikämpfen gaben die aktiven Kicker alles.

Auch bei den Zweikämpfen gaben die aktiven Kicker alles.

Ungezwungene Begegnungen auf Augenhöhe

Mit von der Partie waren fünf Teams: Gastgeber SC Markdorf, FC St. Pirmin (Diakonie Singen), SV Großschönach-Lautenbach (Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach) und der FC Rosenharz I und II (Stiftung Liebenau). Das Besondere an diesem Turnier war, dass auf der einen Hälfte des geteilten Sportplatzes das Juniorenturnier und auf der anderen parallel das integrative Turnier stattfand. Bereits beim Warmmachen des FC Rosenharz schauten acht „Bambinis“ des SC Markdorf an der Seitenlinie interessiert zu. Die Spieler aus Rosenharz gingen auf die jungen Fußballer zu und stellten sich vor. Es fand ein ungezwungener und herzlicher Austausch statt, ganz ohne Vorurteile und Hemmungen. Fußball als Gemeinsamkeit hat Verbindung geschaffen.

 

Alle haben gewonnen

Nicht nur für Trainer Holger Zielonka, der seit 14 Jahren den FC Rosenharz trainiert, war offensichtlich, wie selbstverständlich die bunte Schar aus Kindern und deren Eltern zusammen mit den vielen Menschen mit Behinderungen und ihren Trainern Inklusion live lebten. „Fußballturniere finden im Behindertenbereich oft unter Gleichgesinnten statt“, so Zielonka, der hauptberuflich als Heilerziehungspfleger arbeitet. „Daher war dies ein ganz besonderer Tag, den alle bei ausgelassener Stimmung und guter Verpflegung sichtlich genossen haben.“

 

Ergebnisse

Sieger des integrativen Turniers war das Team aus Großschönach-Lautenbach, nur ein Punkt dahinter auf Platz 2 der FC Rosenharz I. Auf den dahinter liegenden Plätzen landeten FC St. Pirmin, der FC Rosenharz II und der SC Markdorf. Auch wenn sich der Gastgeber aus Markdorf geschlagen geben musste: Beim Fußballturnier gab es ausschließlich Gewinner.

 

 

Nachgefragt bei Holger Zielonka

Eine sehr erfolgreiche Phase erleben seit einiger Zeit die Kickerinnen und Kicker vom Fachzentrum der Stiftung Liebenau in Rosenharz. Ihre beiden letzten Turniere von Special Olympics (Wilhelmsdorf 2020 und Kressbronn 2022) gewannen sie in ihren jeweiligen Leistungsklassen. Trainer Holger Zielonka spricht über das Geheimrezept für diesen Erfolg.

 

Herr Zielonka, wie kommt es, dass die Fußballmannschaften aus Rosenharz so erfolgreich sind?

Eigentlich ist es ganz einfach: Empathie, gegenseitiger Respekt und Achtung, gesprochenes Lob, Anerkennung, Wertschätzung, Spaß am gemeinsamen Fußballspielen und eine Kommunikation auf Augenhöhe, sind für mich Grundlage für die steigende Erfolgskurve. Diese Werte versuche ich den Spielerinnen und Spielern nicht nur vorzuleben, vielmehr ermutige ich sie, diese im Training und bei Turnieren ebenfalls weiterzugeben.

 

Ist es in der Praxis ebenso einfach, wie es sich anhört?

Mittlerweile verzichte ich fast komplett auf Kritik und den Fokus auf Defizite. Ich kann meine Spielerinnen und Spieler entweder entmutigen, in dem ich ihnen immer wieder ihre Fehler und Schwächen aufzeige. Ich kann sie aber auch ermutigen, in dem ich sie wertschätze, unabhängig davon, was sie können und leisten. Ich lege den Fokus auf die positiven Aspekte, hebe diese hervor und versuche in vielen Einzelgesprächen mitzuteilen, dass jeder wertvoll ist. Es ist für mich immer wieder faszinierend zu sehen, wie sie dann mit erhobenem Haupt und geschwellter Brust auf dem Platz stehen und Dinge aus sich herausholen, die ich – und auch sie selbst – nie für möglich gehalten hätte: Einfach, weil sie wissen, dass da draußen jemand steht, der an sie glaubt. Ich bin immer wieder überwältigt davon, welche Leistungen die Aktiven bringen: Jeder Einzelne in meinem Team hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht, ist über sich hinausgewachsen, hat teilweise über den eigenen Möglichkeiten gespielt.

 

Warum ist Ihr Ansatz heute besonders bedeutsam?

Die Zeit, in der wir leben, ist schwer genug, vor allem auch für Menschen mit Assistenzbedarf. Wenn beispielsweise in den sozialen Medien jemand einen kleinen Fehltritt macht, von irgendwas abweicht oder anders ist, wird gleich verbal draufgehauen. Schlagwort „Hatespeech“. Ich bin davon überzeugt, dass es in Zeiten von Krieg, Unsicherheit und Angst, in Zeiten der Pandemie mit Lockdowns und Abstand, vonnöten ist, sich bewusst zu machen, dass das Gegenüber keine Gefahr ist, sondern eine Bereicherung. Dass wir neu lernen müssen, wieder aufeinander zuzugehen. Wir alle brauchen mehr denn je das Gefühl, wahrgenommen, angenommen, wertgeschätzt und geliebt zu werden. Jeder kann dazu seinen Beitrag leisten, jeden Tag im eigenen Umfeld. Dazu braucht es wahrlich nicht viel: etwas Mut und die Bereitschaft, empathisch aufeinander zuzugehen. Und das Beste daran ist, dass man selbst profitiert und beschenkt wird, in dem man andere Herzen berührt, die sich öffnen, Begegnung und Gemeinschaft und tiefe Freude hervorruft.

Daher bin ich dankbar, diesen Job als Fußballtrainer in Rosenharz mit so wundervollen Menschen machen zu dürfen. Integrative Fußballturniere leisten einen großen Beitrag.

 

 

 

Inklusion ist bunt, vielfältig – und niemals langweilig. Wie lebendig Inklusion in der Stiftung Liebenau umgesetzt wird, lesen Sie in unserem Newsletter „Liebenau inklusiv“ > 

 


Pressekontakt:
Stiftung Liebenau
Abteilung Kommunikation und Marketing
Siggenweilerstr. 11 
88074 Meckenbeuren 
Telefon +49 7542 10-1181
presse(at)stiftung-liebenau.de