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Du siehst etwas, das ich nicht seh´

RAVENSBURG – Der Sehtest war reine Routine. Robin Schrodi hatte sich gerade für den Führerschein angemeldet und da gehört das eben dazu. Als er seinen Eltern an diesem Nachmittag vom Hinweis des Augenarztes erzählt, „das“ doch mal in einer Augenklinik überprüfen zu lassen, ahnt seine Mutter bereits nichts Gutes. Robin Schrodi ist damals 17 Jahre alt, besucht die 12. Klasse eines Ravensburger Wirtschaftsgymnasiums und freut sich aufs Auto fahren, als er erfährt, dass er sein Augenlicht nahezu komplett verlieren wird.

Robin Schrodi benötigt spezielle Einrichtungen. Mit ihnen kann er seiner Arbeit in der IT-Abteilung der Stiftung Liebenau nachgehen.

Robin Schrodi benötigt spezielle Einrichtungen. Mit ihnen kann er seiner Arbeit in der IT-Abteilung der Stiftung Liebenau nachgehen.

Alles eine Nummer größer: Das hilft Robin Schrodi bei seiner Arbeit am Computer als Anwendungsbetreuer einer Pflegesoftware.

Alles eine Nummer größer: Das hilft Robin Schrodi bei seiner Arbeit am Computer als Anwendungsbetreuer einer Pflegesoftware.

Der Bildschirm vor der Nasenspitze

Meist stehen je zwei Bildschirme auf den Schreibtischen in der Verwaltung des Berufsbildungswerks (BBW) in Ravensburg. Nicht so bei Robin Schrodi: Sein Bildschirm ist an einem Schwenkarm angebracht, den er so nahe an sein Gesicht zieht, dass er mit der Nasenspitze fast das Display berührt. Es zeigt die einzelne Zelle einer Excel-Tabelle, in zehnfacher Vergrößerung und leicht verpixelt. Kaum vorstellbar, wie der junge Mann sich in der IT-Abteilung des Berufsbildungwerks zurechtfinden kann. Mit Programmen, in denen er sich durch filigrane Menüleisten, Eingabeflächen und Dateiverästelungen klicken muss.

 

Erbkrankheit, die Männer trifft

„Natürlich war es ein Schicksalsschlag, aber nicht nur für mich, sondern auch für meine Familie und Freunde, die alle darunter gelitten haben“, erinnert sich Robin Schrodi. Was „sein Schicksal“ ist, kann er ziemlich genau erklären. Die „Lebersche hereditäre Optikusneuropathie“, kurz LHON, ist eine Erbkrankheit, die meist bei Männern mittleren Alters auftritt. Vereinfacht gesagt, haben die Zellen in Robin Schrodis Sehnervs ihre Arbeit eingestellt, bis nur noch zwei Prozent Sehkraft am Pupillenrand übrig waren. „Mein Onkel hat diesen Gendefekt ebenfalls. Von daher wussten wir, dass es diese Krankheit in unserer Familie gibt und wie sie verläuft“, erzählt Robin Schrodi.

 

Eine Palette nützlicher Gadgets

„Die Schule zu wechseln, kam für mich nicht in Frage. Also habe ich geschaut, was ich machen muss, um durch das Abi zu kommen. Erstmal habe ich alle Buchverlage kontaktiert und mir digitale Versionen der Schulbücher organisiert.“ Eine erste Anlaufstelle ist die Blindenambulanz in Tübingen. Hier wird Robin Schrodi von Fachleuten und Betroffenen beraten und probiert sich durch die ganze Palette nützlicher Gadgets: von kleinen Ferngläsern über Bildschirmlesegeräte, Spezial-Software bis zum klassischen Blindenstock – alles wird auf Alltagstauglichkeit getestet und vieles irgendwann wieder aussortiert.

 

Hilfreiche Apps mit Vorlesefunktion

Das Abitur gelingt ihm ebenso wie das Studium zum Wirtschaftsingenieur. „Mit der Digitalisierung ist das Leben für mich zunehmend leichter geworden. Heute ist das wichtigste Hilfsmittel mein Smartphone! Es gibt so viele sinnvolle Apps und Vorlesefunktionen, da hab‘ ich alles, was ich brauche.“ So gut sich Robin Schrodi mit seiner Behinderung arrangiert hat, abfinden möchte er sich noch nicht mit ihr. Er recherchiert über den aktuellen Stand der Forschung, tauscht sich mit Betroffenen aus und wird sogar Gründungsmitglied des LHON Deutschland, einem Verein, in dem sich Betroffene begegnen und um Aufklärung bemühen. Viel zu tun hat er nicht nur in seiner Freizeit: Ab vergangenem Januar ging es für ihn beruflich in der zentralen IT-Abteilung der Stiftung Liebenau weiter. Hier ist er als Anwendungsbetreuer einer Pflegesoftware tätig. „Früher gab es klassische Berufe für Erblindete, die wurden dann Masseure oder wurden in Callcenter abgeschoben. Ich bin froh, dass ich heutzutage andere Möglichkeiten habe.“

 

Heutzutage gibt es viele Möglichkeiten

Viel zu tun hat er nicht nur in seiner Freizeit: Ab Januar ging es für ihn beruflich in der zentralen IT-Abteilung der Stiftung Liebenau weiter. Hier ist er als Anwendungsbetreuer einer Pflegesoftware tätig. „Früher gab es klassische Berufe für Erblindete, die wurden dann Masseure oder wurden in Callcenter abgeschoben. Ich bin froh, dass ich heutzutage andere Möglichkeiten habe.“

 

 

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