Sozialpädiatrische Zentren als Vorbild
In ihrer Kindheit und Jugendzeit war die Versorgung gewährleistet: Sie hatte Vertrauen zu ihrem Hausarzt, der gut mit Fachleuten verschiedener Bereiche – von Neurologie bis Physiotherapie – zusammenarbeitete. Zudem konnten Julias Eltern immer wieder ein Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ) in der Region zu Rate ziehen. Ein SPZ kümmert sich speziell um Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen der Entwicklung. Hier werden die Kinder untersucht und zum Teil behandelt, die Eltern beraten, Therapiepläne entwickelt und bei Bedarf weitere Spezialisten hinzugezogen. Julias Eltern waren froh, sich an diese interdisziplinäre ambulante Anlaufstelle wenden zu können.
Patienten mit speziellen Anforderungen
An Julias 18. Geburtstag war damit jedoch Schluss. Denn die Leistungen eines SPZ enden, sobald die Patienten das Erwachsenenalter erreichen. Es blieb ihnen nur das System der Regelversorgung. Dies stößt trotz seiner hohen Qualität bei Menschen mit Behinderungen jedoch immer wieder an seine Grenzen. Warum? Weil bei ihnen eine Erkrankung meist mit spezifischen Fragestellungen verbunden ist. Oft können sie aufgrund mangelnder Kommunikationsfähigkeit ihre Beschwerden nicht beschreiben, kommen mit den Abläufen einer niedergelassenen Praxis nicht zurecht oder haben Schwierigkeiten, sich körperlich untersuchen zu lassen. Hinzu kommt, dass oft mehrere Krankheitsbilder zusammenwirken oder die Symptome nicht klar zuzuordnen sind.
Ambulante und bedarfsgerechte Versorgung
Julias Eltern möchten ihre inzwischen erwachsene, schwerstbehinderte Tochter gerne weiterhin zu Hause betreuen – so lange es ihre eigenen Kräfte zulassen. Sie sehnen sich aber nach einer Anlaufstelle, die sich ähnlich wie ein SPZ um ihre speziellen Fragen kümmert. Jetzt gibt es diese Möglichkeit. Die Rahmenbedingungen für Medizinische Zentren für Erwachsene mit Behinderungen (MZEB) hat der Gesetzgeber geschaffen, die Stiftung Liebenau füllt sie in der Bodenseeregion mit Leben und Inhalt. „In unserem MZEB können wir unsere medizinischen, therapeutischen und pflegerischen Kompetenzen in der Gesundheitsversorgung von Menschen mit Behinderungen jetzt noch viel mehr Menschen zugänglich machen“, freut sich Irmgard Möhrle-Schmäh, Geschäftsführerin der Liebenau Kliniken, mit Patienten und Angehörigen über das neue Angebot. „Vom MZEB profitieren vor allem Patienten, die zu Hause oder in Einrichtungen ohne direkt angegliederte medizinische Versorgung leben.“
Erfahrene Fachleute wirken zusammen
Die ganzheitliche Versorgung, die die St. Lukas-Klinik bereits seit vielen Jahren stationär bietet, ist damit jetzt auch ambulant möglich. Das MZEB ist in den Räumlichkeiten der St. Lukas-Klinik angesiedelt und mit erfahrenen Ärzten besetzt. In Beratung, Diagnose und Therapie arbeiten hier Fachleute aus Medizin, Psychologie, Physio- und Ergotherapie, Pädagogik und Pflege zusammen. Sie betrachten die Patienten aus verschiedenen Perspektiven und sind sehr routiniert im Umgang mit Menschen mit geistigen Behinderungen. Je nach Fragestellung arbeiten diese multiprofessionellen Teams mit Haus- und Fachärzten, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zusammen. „Ziel der Behandlung ist, dass die Betroffenen im gewohnten Lebensumfeld bleiben können. So unterstützt das MZEB Inklusion und Teilhabe“, erklärt Chefarzt Dr. Jürgen Kolb.