Soziale Nachhaltigkeit
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Soziale Nachhaltigkeit

Sozial nachhaltig für Mensch und Gemeinwesen

Dauerhafte Strukturen zu schaffen, um den Menschen zu helfen: Das ist seit jeher das Ziel der Stiftung Liebenau. Soziale Nachhaltigkeit gehört gewissermaßen zu ihrer DNA. Doch was bedeutet das konkret? Ulrich Kuhn von der Stabsstelle Sozialpolitik der Stiftung Liebenau gibt Antworten.

Was ist unter sozialer Nachhaltigkeit zu verstehen?

 

Ulrich Kuhn: Dazu gibt es verschiedene Beschreibungen. Wichtige Grundlagen sind die im Grundgesetz verankerte Menschenwürde, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen und die UN-Behindertenrechtskonvention. Auch der Deutsche Nachhaltigkeitskodex enthält neben ökologischen und ökonomischen auch soziale Kriterien für ein nachhaltiges Handeln. Insgesamt geht es darum, ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, die Grundbedürfnisse für eine würdige Existenz zu sichern und allen Menschen – ob jung, alt, behindert, krank oder gesund – die Möglichkeit zu geben, ein gleichberechtigter Teil der Gesellschaft zu sein. Eine gute Orientierung gibt zudem die Katholische Soziallehre mit den Grundprinzipien Personalität, Solidarität und Subsidiarität. Als Christen und als kirchliche Sozialorganisation sind wir zur Solidarität mit den Menschen, die in Not sind oder besondere Unterstützungsbedarfe haben, aufgefordert. Damit alle als Individuum und in Gemeinschaft ihre Personenwürde leben können. Die Hilfen sollen dabei – und dies ist ein besonders nachhaltig wirkender Grundsatz – stets subsidiär erfolgen. Das heißt, sie sollen immer auf die größtmögliche Selbstbestimmung und Eigenverantwortung des Individuums und der kleinen Lebenskreise wie Familien, Nachbarschaften etc. hinwirken. Nur insoweit dies nicht ausreichend ist, dürfen und sollen Verantwortungsübernahmen durch übergeordnete Institutionen erfolgen. 

 

Menschenrechte und Chancengleichheit sind auch Kriterien des Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK). Wie schlagen sich diese Ziele im konkreten Handeln der Stiftung Liebenau nieder?

 

Ulrich Kuhn: Als gemeinnütziges Sozial- und Bildungsunternehmen ist die Stiftung Liebenau durch ihr Tun und ihre Aufgabenerfüllung per se auf die Förderung der sozialen Nachhaltigkeit und des Gemeinwesens ausgerichtet. Indem die Stiftung Liebenau für Wohnen, Erziehung, pflegerische Betreuung, Gesundheit und Bildung sorgt, schafft sie Schutzräume, erfüllt Grundbedürfnisse und sichert Rechte von benachteiligten Menschen. Ziel der Stiftung Liebenau ist darüber hinaus aber auch eine möglichst gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Darauf ausgerichtet ist der Prozess der Differenzierung, Dezentralisierung und Sozialraumorientierung mit Angeboten, die zu einem assistierten Leben im Regelsystem befähigen. Gemeindeintegriertes Wohnen (GIW), Jobcoaching, Integrationsfachdienst in der Teilhabe, ambulante Dienste, Kurzzeitpflege und Service-Wohnen in der Altenhilfe sind Beispiele dafür. Bildungsangebote im Bereich von Schulen, Frühförderung und Berufsbildungswerk sind Sprungbretter für Chancengerechtigkeit und Teilhabe.

 

Soziale Nachhaltigkeit bezieht sich nicht nur auf den einzelnen Menschen, sondern auch auf das Gemeinwesen. Welche Rolle spielt dieser Aspekt?

 

Ulrich Kuhn: Der Stiftung Liebenau geht es in der Tat nicht nur um die individuelle Unterstützung von Menschen, sondern auch darum, die Gesellschaft insgesamt sozialer zu machen. Die Lebensräume für Jung und Alt mit Gemeinwesenarbeit sind ein gutes Beispiel für inklusiv wirkende und bürgerschaftlich getragene Strukturen, die das Gemeinwohl fördern. Zudem ist die Stiftung Liebenau in Verbände und Netzwerke eingebunden, beispielsweise in den Brüsseler Kreis und das Netzwerk SONG (Soziales neu gestalten), und versucht über eigene Positionierungen auf eine sozial nachhaltige Gestaltung der politischen Rahmenbedingungen hinzuwirken.

 

Ist soziale Nachhaltigkeit messbar?

 

Ulrich Kuhn: Dazu gibt es verschiedene Instrumente. Aus der Sicht des einzelnen Menschen sind die jeweilige Lebenssituation, der individuelle Bedarf und der persönliche Wille entscheidende Maßstäbe für die Wirksamkeit sozialer Maßnahmen. Aus gesellschaftlicher Perspektive handeln wir umso nachhaltiger, je mehr es gelingt, die Gesellschaft und Bürgerschaft sozial verantwortlicher zu machen, die Regelsysteme inklusiver zu gestalten und die sozialen Angebote in den Lebenswelten der Menschen zu verorten. Somit braucht es weniger Sonder- und Ersatzinstitutionen, die gesellschaftliche Solidarität wird gestärkt und die Bereitschaft und Fähigkeit der Bevölkerung zur Finanzierung des Sozialbereichs werden nachhaltiger gesichert. Insofern ist soziale Nachhaltigkeit ein fortlaufender Prozess.                        

Beispiele für Soziale Nachhaltigkeit

Gemeindeintegriertes Wohnen: So viel Eigenständigkeit wie möglich, so viel Unterstützung wie nötig: Dieses Prinzip ist ein Schlüssel zu sozialer Nachhaltigkeit und ein Merkmal des Gemeindeintegrierten Wohnens (GIW). Die Stiftung Liebenau unterhält an vielen Standorten solch differenzierte, stationär betreute und gemeindenahe Wohnanlagen. Mehr Infos hier >
Die „Küchentherapie“: Das Küchenkonzept im sozialtherapeutischen Wohnheim St. Helena in Vogt ist außergewöhnlich: Ein eigener Koch für täglich frisch gekochte Mahlzeiten, viele Produkte aus der Region, Nachhaltigkeit im Umgang mit Lebensmitteln, Einbindung von Bewohnerinnen und Bewohnern je nach ihren Fähigkeiten in die Essenszubereitung. Mehr Infos hier >
ServiceWohnen: Die Stiftung Liebenau trägt schon über Jahrzehnte dafür Sorge, dass ältere Menschen in einer Umgebung leben können, die sowohl sicher ist, als auch ihren persönlichen Präferenzen und ihren sich ändernden Fähigkeiten angepasst werden kann. Mehr Infos hier >

Kontakt

Porträt von Ulrich Kuhn
Ulrich Kuhn

Stiftung Liebenau
Stabsstelle Sozialpolitik
Siggenweilerstraße 11
88074 Meckenbeuren
Telefon +49 7542 10-1206
ulrich.kuhn(at)stiftung-liebenau.de