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Das Bundesteilhabegesetz – ein großer Schritt in Richtung Inklusion

Deutschland hat am 1. Januar 2017 das Bundesteilhabegesetz (BTHG) verabschiedet. Mit dem Gesetz erfolgt ein wichtiger Systemwechsel. Menschen mit Behinderungen sollen selbstbestimmte Mitbürger werden. Momentan birgt es noch viele offene Fragen, Herausforderungen, neue Aufgaben und auch Verunsicherungen: Prozesse müssen überdacht und angepasst, Dokumente und Anträge abgeändert, ganze Abrechnungssysteme komplett überarbeitet werden. Auch die Zeit drängt, Stichtag für die Umsetzung ist der Januar 2020. Im Rahmen eines Modellprojekts des Bodenseekreises und der Liebenau Teilhabe sollen Erkenntnisse gewonnen werden.

Großes Interesse bei der Infoveranstaltung zum Modellprojekt Bundesteilhabegesetz des Bodenseekreises und der Liebenau Teilhabe: 33 Klienten machen zusammen mit ihren Angehörigen beziehungsweise gesetzlichen Betreuern mit, um Erkenntnisse für die Umsetzung des Gesetzes zu sammeln.

Hilfreiche Erkenntnisse aus Modellprojekt

Dabei sind genau die Menschen bei der Mitarbeit gefragt, die das Gesetz künftig angeht: Insgesamt 33 Klienten der Liebenau Teilhabe an verschiedenen Orten im Bodenseekreis, teilweise mit sehr hohem Assistenzbedarf, haben sich zusammen mit Angehörigen beziehungsweise gesetzlichen Betreuern, bereit erklärt, beim Projekt mitzuwirken. Die Erkenntnisse aus der Praxis gehen an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das die Ergebnisse aus allen teilnehmenden Modelllandkreisen evaluiert. Start der Testphase ist voraussichtlich im Mai.

 

Zum vollwertigen Mitbürger

Ein wichtiger Ansatz des BTHG ist die Einführung eines neuen Behinderungsbegriffs: Das Gesundheitsproblem oder die Behinderung werden nicht mehr als Eigenschaft der Person angesehen. Es berücksichtigt auch: Wo liegen Probleme in der Umwelt des Menschen, die ihn daran hindern an der Gesellschaft teilzuhaben?

 

Gesondertes Sozialgesetzbuch

Ab 2020 werden die Leistungen der Eingliederungshilfe (zum Beispiel Assistenz- und Betreuungsleistungen) in ein gesondertes Sozialgesetzbuch eingeführt. Dort geht es ausschließlich um Unterstützungsleistungen, die ein Mensch mit Behinderung braucht, um teilhaben zu können. Damit erhalten Menschen mit Behinderungen ihr eigenes Leistungsrecht und finden sich nicht automatisch im Bereich der Sozialhilfe.

 

Von Pauschalen zu individuellen Leistungen

Durch diesen Paradigmenwechsel wird das System der Bezahlung grundlegend verändert: Momentan gibt es für ein stationäres Wohnangebot und somit eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung einen Pauschalbetrag vom Landratsamt an die Einrichtung, in der die Person lebt. Ab 2020 wird es diesen Pauschalbetrag in dieser Form nicht mehr geben. Alle Leistungen, die ein Mensch aufgrund seiner Behinderung braucht, kommen aus dem neuen Eingliederungshilferecht und werden künftig individuell auf die einzelne Person abgestimmt. Das Geld für Unterkunft, Heizung sowie Verpflegung kommt entweder aus dem eigenen Einkommen und Vermögen oder weiterhin aus der Sozialhilfe – wie bei anderen erwerbsgeminderten Personen auch.

 

Träger müssen sich Menschen anpassen

In Zukunft muss sich also nicht mehr der Mensch mit Behinderung einem „All Inclusive“-Paket anpassen, sondern der Kostenträger und die jeweilige Einrichtung müssen auf den individuellen Bedarf der einzelnen Person eingehen. Dieser Systemwechsel stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen, vor allem zu Fragen des Fallmanagements, der Verwaltung und im stationären Bereich. Im Endeffekt dient er aber der Transparenz und Personenzentrierung des Systems.

 

Finanzielle Spielräume für den Einzelnen werden größer

Im BTHG sind auch die Einkommens- und Vermögensgrenzen angehoben worden. Wer Unterstützung aus der Eingliederungshilfe bekommt, kann künftig mehr verdienen und ansparen. Das bedeutet, dass Menschen wegen einer Behinderung nicht mehr über Gebühr finanziell belastet werden. Ist eine Person zusätzlich auf Unterstützungen im Bereich Unterkunft und Lebensunterhalt aus der Sozialhilfe angewiesen, bleibt ein Vermögen bis 5.000 Euro unangetastet.

 

Teilhabe und Arbeit

Auch im Bereich Arbeit gibt es Veränderungen. Neben der Arbeit in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen soll es einfacher werden, eine Stelle auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt zu finden. Das ist ein klarer Schritt Richtung Inklusion, da man mit diesen Regelungen versucht, „Sondersysteme“ aufzulösen, sodass allen gleichermaßen der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglicht beziehungsweise zumindest erleichtert wird. Neben dem „Budget für Arbeit“ gibt es durch sogenannte „andere Leistungsanbieter“ für die Beschäftigten Alternativen zur klassischen Werkstatt. 

 

Informationen in Leichter Sprache zum Bundesteilhabegesetz und Modellprojekt des Bodenseekreises und der Liebenau Teilhabe

 

Informationen und Flyer zum Bundesteilhabegesetz und Modellprojekt des Bodenseekreises und der Liebenau Teilhabe in Alltagssprache

 

Vortrag: Das Bundesteilhabegesetz von Rechtsanwalt Dr. Peter Krause

 

Bundesteilhabegesetz – Umsetzung aus der Perspektive der Angehörigen

 

Veranstaltung zum Bundesteilhabegesetz mit Referent Gerold Abrahamczik (Sprecher des Beirates der Angehörigen im Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e. V. - CBP)

 

 

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