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Fachtag sensibilisiert für den Umgang mit Grenzverletzungen

Meckenbeuren/Liebenau – Wo Menschen zusammenleben und arbeiten, kann es zu Grenzverletzungen kommen, beispielsweise zu unangemessenem oder aggressivem Verhalten. Wie können pädagogisch tätige Fachkräfte professionell damit umgehen? Insgesamt 180 Mitarbeitende der Stiftung Liebenau befassten sich an zwei Fachtagen mit dieser Frage und lernten ein praxiserprobtes Konzept kennen: den Bündner Standard.

Gruppenfoto mit den Verantwortlichen

Sie wollen einen professionellen Umgang mit Grenzverletzungen ermöglichen (von links): Beat Zindel (Referent), Barbara Iacone (St. Lukas-Klinik), Katharina Kraft (St. Lukas-Klinik), Michael Och (St. Lukas-Klinik) und Alfons Ummenhofer (Geschäftsführer Liebenau Kliniken und Liebenau Teilhabe).

Vortrag von Beat Zindel, Präsident der Stiftung Bündner Standard

Beat Zindel, Präsident der Stiftung Bündner Standard, stellte beim Fachtag ein praxiserprobtes Konzept zur Prävention und Bearbeitung von Grenzverletzungen vor.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Fachtags erhielten viele konkrete Impulse für ihre alltägliche Arbeit.

Großes Interesse an einem wichtigen Thema

„Grenzen setzen, Grenzen achten und der konstruktive Umgang mit möglichen Grenzüberschreitungen – dies ist ein grundlegendes Thema“, betonte Alfons Ummenhofer, Geschäftsführer der Liebenau Kliniken. Deshalb hat die St. Lukas-Klinik eine interne Fortbildung für Mitarbeitende der Stiftung Liebenau organisiert. Damit möglichst viele Fachkräfte teilnehmen können, wurde diese Fortbildung gleich zweimal an zwei aufeinander folgenden Tagen angeboten.

 

Ziel ist noch mehr Professionalität

„Wir gehen jeden Tag mit hochschwierigen Klientinnen und Klienten um, die unsere Grenzen überschreiten“, berichtete Katharina Kraft, Chefärztin der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der St. Lukas-Klinik der Stiftung Liebenau. Sie schilderte, dass Grenzüberschreitungen in verschiedenen Bezugssystemen vorkommen. Auch auf Seiten von Mitarbeitenden könne es zu Überforderungen und pädagogisch nicht zielführenden Reaktionen kommen. Manchmal seien Grenzüberschreitungen sogar notwendig, beispielsweise bei einer medizinisch erforderlichen Blutentnahme bei einer Person, der die Einsicht dazu fehlt. „Ziel bei uns ist deshalb, das pädagogische Handeln weiter wertschätzend zu professionalisieren und zu standardisieren“, erklärte Katharina Kraft.

 

Ein Instrument für Prävention und Reflexion

Ein umfassendes Instrument für die Prävention und die Bearbeitung von grenzüberschreitendem Verhalten im organisierten Kontext ist der Bündner Standard. Dieses Konzept wurde im Kanton Graubünden entwickelt und ist inzwischen weit verbreitet. Es soll alle Personen einer Organisation befähigen, sicherer und transparenter mit Grenzverletzungen umzugehen. Das Konzept hat präventiven Charakter und will das Risiko von Grenzverletzungen minimieren. Zugleich dient es der Reflexion und der professionellen Bearbeitung von grenzverletzenden Vorfällen. Beat Zindel, Sonderpädagoge, Organisationsberater und Präsident der Stiftung Bündner Standard, stellte dieses Konzept an den beiden Fachtagen in Liebenau vor – immer mit engem Bezug zur praktischen Arbeit.

 

Es geht um den Schutz der Integrität

Dazu analysierten die Teilnehmenden in Kleingruppen auch Fallbeispiele, in denen viele problematische Situationen vorkamen – darunter vernachlässigte Aufsichtspflicht, demonstrierte Macht, Ausgrenzung durch mangelnde Kommunikation, widerspenstiges Verhalten, geringschätzende Äußerungen, offener Streit und körperliche Aggression. „Grenzverletzungen sind Verletzungen der persönlichen Integrität. Grenzverletzungen geschehen in Form von psychischer, physischer, sexualisierter, materieller, kultureller oder struktureller Gewalt. Sie können absichtlich oder unabsichtlich geschehen“, erläuterte Beat Zindel. Der Bündner Standard diene dem Schutz der Integrität aller Personen, die in einer Institution aufeinandertreffen.

 

Werte und Haltung sind von zentraler Bedeutung

Der Bündner Standard umfasst zehn Kernelemente. Dazu gehört ein Einstufungsraster, in das der Schweregrad einer Grenzverletzung möglichst objektiv eingeordnet wird. Das damit verbundene Meldesystem dient der Reflexion, der Minimierung von Risiken und somit der laufenden Weiterentwicklung. Ein weiteres Kernelement ist der Bereich „Werte und Haltung“. Hierzu definiert jede Organisation, die mit dem Bündner Standard arbeiten will, welche Werte und Haltungen für sie zentral sind. Ein zentraler Baustein ist auch der Verhaltenskodex. Darin sind die spezifischen Risikosituationen, nicht tolerierbare Handlungen und angemessene Reaktionen definiert. „Die Verhaltensregeln werden im Team erarbeitet“, erläuterte Beat Zindel. Dabei gehe es um den Grundsatz von „professioneller Distanz und respektvoller Nähe“.

 

Wertvolle Impulse für die tägliche Arbeit

Bei den Teilnehmenden kam der Fachtag sehr gut an. In der Feedback-Runde bezeichneten sie ihn als spannend, aufschlussreich und motivierend. Viele lobten die inhaltlichen Impulse und nahmen sich vor, sich in ihrer alltäglichen Arbeit daran zu orientieren. Katharina Kraft berichtete, dass sich die Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der St. Lukas-Klinik in Liebenau schon seit langem mit dem Bündner Standard beschäftigt und ihn demnächst einführen und umsetzen wird

 

 

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