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Kommunikation: Brücke zur Teilhabe

MECKENBEUREN/LIEBENAU – Schwierigkeiten in der Kommunikation haben besonders häufig Menschen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen, aber auch Menschen mit Demenz oder Menschen nach einem Unfall mit Spätfolgen. Unterstützte Kommunikation (UK) kann ganz individuell Abhilfe schaffen und so die gesellschaftliche Teilhabe fördern. Dieter Kennerknecht zum Beispiel hilft ein I-Pad mit speziellem Programm bei der Verständigung. Elke Schätzle, UK-Fachberaterin der Stiftung Liebenau, hat dafür gesorgt, dass er das Gerät bekommt. Sie unterstützt ihn und seine Wohngruppe auch bei der Einarbeitung.

Das Bild zeigt Dieter Kennerknecht mit Frederik Lamm, Mitarbeiter der Gruppe Ulrich 11/12

Dieter Kennerknecht (rechts) kann mit Hilfe seines I-Pads über sich erzählen.

Erfreut holt Dieter Kennerknecht sein I-Pad aus dem eigenen Zimmer. Mit dessen Hilfe kann er der Besucherin einiges über sich erzählen. Er ist ein offener und mitteilsamer Mann von 48 Jahren. Seine Aussprache ist allerdings häufig nicht gut zu verstehen. Noch ist zwar nicht alles auf dem Gerät eingerichtet. Was ihm aber besonders wichtig ist, was er gerne macht und nicht so gerne hat, kann er aber mitteilen. „In Fischbach ist eine Kirche mit einem schiefen Kirchturm,“ oder „Bei Schnetzenhausen ist eine neue Autobahn gebaut,“ sagt die Stimme aus dem Gerät nachdem Kennerknecht das passende Piktogramm gedrückt hat. Was rund um seine Heimat – einen Teilort von Schnetzenhausen – passiert, ist von besonderem Interesse für ihn. Auch Signale und die entsprechenden Farben faszinieren den Mann mit Autismus. Wenn er übers Wochenende von seiner Familie abgeholt wird, muss diese regelmäßig am Bahnübergang Kehlen vorbeifahren. Damit er die Signale prüfen kann.

 

Wichtig für Frederik Lamm, Mitarbeiter der Gruppe Ulrich 11/12, ist auch: „Mit Hilfe des Programms auf dem I-Pad verstehen ihn neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leichter.“ Für den Beziehungsaufbau ist das förderlich. Das Snapcore-First-Programm bietet verschiedene Möglichkeiten. Neben der Sprachhinterlegung von Piktogrammen können auch Fotos für ein persönliches Album genutzt werden. Kennerknecht kann außerdem lesen, was andere in das Gerät tippen. Frederik Lamm unterstützt ihn beim „Befüllen“ des Geräts.

 

Elektronische Geräte sind verordnungsfähige Hilfsmittel

Die UK-Beauftragte Elke Schätzle ermöglicht, dass solche Geräte zum Einsatz kommen können. „Ich bin regelmäßig in Kontakt mit dem jeweiligen oder künftigen UK-Nutzer,“ schildert sie. Dabei findet sie heraus, was gut zur Person passt, was sie kommunikativ unterstützt. Elektronische Geräte mit den entsprechenden Programmen wie das von Kennerknecht sind verordnungsfähige Hilfsmittel. Neben ärztlichem Rezept braucht es eine Stellungnahme von Elke Schätzle. Damit setzen sich die Hilfsmittelfirmen mit der jeweiligen Krankenkasse in Verbindung, legen ihnen dazu einen Kostenvoranschlag vor. Beim Einsatz mancher Geräte ist nach ein paar Monaten ein Verlaufsbericht erforderlich. Mitunter muss Elke Schätzle auch einen Widerspruch an eine Krankenkasse formulieren, etwa wenn ein Gerät abgelehnt wird.

 

„Integration findet dann statt, wenn Menschen über kommunikative Fähigkeiten verfügen,“

Ist ein Gerät dann im Einsatz, bleibt Elke Schätzle weiterhin mit den Mitarbeitenden in Kontakt, erfragt, wie es läuft, bietet weitere Unterstützung an. Wichtig findet sie, dass ausgewählte Mitarbeitende UK-Nutzer verantwortlich unterstützen, ist es doch ein gewisser Aufwand, der zu den Aufgaben in den Wohngruppen hinzukommt.

 

Solche UK-Hilfsmittel ermöglichen auch Menschen in gemeindeintegrierten Wohnhäusern eine gelingende Kommunikation: Der eigenständige Einkauf, etwa beim Bäcker um die Ecke, wird mit Hilfe des I-Pads für manchen möglich. „Integration findet dann statt, wenn Menschen über kommunikative Fähigkeiten verfügen,“ sagt die Fachfrau. Das Interesse anderer an einem Menschen werde größer mit genauer Verständigung, die über ein Nicken hinausgehen.

 

Viele Facetten

Unterstützte Kommunikation hat sehr viele Facetten und kann individuell auf den Bedarf und die kommunikative Einschränkung ausgerichtet werden. Oft helfen gut verständliche Bilder, Piktogramme und Kommunikationstafeln, die zu den nichtelektronischen Mitteln zählen. Auch Kalender, die von unten nach oben laufen, und bei denen die vergangenen Tage abgeschnitten werden, kommen zum Einsatz. Sie sind besonders geeignet für Autisten. Auch Gebärdensprache und Leichte Sprache sind Teil der Unterstützten Kommunikation. Gebärdensprache findet mittlerweile vermehrt Eingang in Funk und Fernsehen. Leichte Sprache ist ein Sprachsystem, das bestimmten Regeln folgt und Sachverhalte einfach und verständlich darstellt.

 

Menschen mit kognitiven Einschränkungen können mit sogenannten Ich-Büchern mit anderen in Beziehung treten. Darin sind wichtige persönliche Informationen enthalten – vom Geburtstag über den Wohnort bis hin zu Leibspeise und Lieblingsbeschäftigung. Beim Zeigen erfährt das Gegenüber mehr über die Person. Neben I-Pads gibt es bei den elektronischen Hilfsmitteln auch Anybook-Reader, bekannt von Kinderbüchern, und Talker. Hochtechnisch ist die Kommunikation mit Hilfe der Augensteuerung eines Computers. Sensoren werden auf die entsprechenden Augen programmiert. Je nach Aktion und Stellung der Augen fließen Informationen, lässt sich ein Film aufrufen oder ein Spiel bedienen.

 

Vor Viren und Krankheiten hat Dieter Kennerknecht großen Respekt, vor Spritzen aber auch. Beim Tippen auf die Spritze sagt die Stimme: Bei der Grippeimpfung muss ich regelmäßig ein- und ausatmen. Das hilft ihm jetzt auch vor der Corona-Impfung.

 

 

Kontakt:

UK-Fachberaterin Elke Schätzle, Telefon +49 7542 10-2402, elke.schaetzle(at)stiftung-liebenau.de

 

Auch externe Interessenten und Einrichtungen können die UK-Fachberatung in Anspruch nehmen.

 

 

 

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Pressekontakt:
Stiftung Liebenau
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