Olivia Magalù ist überzeugt von ihrem Beruf. Die 24-jährige Altenpflegerin hat ihre Ausbildung vor drei Jahren beendet und bald auch die Chance ergriffen, die sich mit fachlicher Fortbildung eröffnet hat. Im Haus der Pflege Martinus in Weil im Schönbuch ist sie auch für das Hygienemanagement und die Praxisanleitung für Auszubildende verantwortlich. „Die Altenpflege ist nicht nur ein Beruf mit Zukunft, er ist auch einer, der viel Verantwortung mit sich bringt, aber vor allem den engen und vertrauensvollen Kontakt mit Menschen“, sagt sie und ergänzt: „Ich habe hier nicht nur eine berufliche Herausforderung gefunden, sondern vielmehr einen Beruf, der mich ausfüllt und für den ich gerne andere motivieren möchte.“
Schlüsselerlebnis im Freiwilligen Sozialen Jahr
Dabei hat Olivia Magalù nach ihrem Realschulabschluss zunächst einen ganz anderen Berufsweg eingeschlagen. Eine Ausbildung in der Verwaltung. „Die habe ich aber bald abgebrochen, weil mir da langweilig war“, erzählt sie. Ihre Mutter habe sie zu einem Sozialen Jahr überredet. Das sei ihr Glück gewesen, denn in ihrer Schule wurde bei der Berufsorientierung der Fokus hauptsächlich auf die technischen und verwaltungsbezogenen Berufe gerichtet, die offensiv um Nachwuchs warben. „Nach dem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) wusste ich genau, was ich wollte.“ Sie begann ihre Ausbildung im Haus der Pflege Martinus in Weil im Schönbuch und wurde aktiv unterstützt, eine gute Altenpflegerin zu werden. „Vom ersten Tag an wurde ich sehr gut betreut, konnte alles fragen, fühlte mich bald für die Menschen im Haus verantwortlich und habe schnell ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihnen aufgebaut.“
Motivation auf Augenhöhe
Das Angebot der Hausleitung, sich fortzubilden, erlebte sie als eine große Bestätigung und Motivation. Seitdem ist es ihr ein großes Anliegen etwa in der örtlichen Gesamtschule als Repräsentantin der Altenpflege die Schülerinnen und Schüler zu informieren, zu Praktika einzuladen und schließlich zu einer Ausbildung im Haus zu motivieren. „Das gelingt mir ganz gut, weil ich ja altermäßig noch nicht so weit weg bin und meinen Weg erzählen kann.“ Man müsse sich dabei auch immer wieder klar machen, „die Zielgruppe, die wir für den Beruf gewinnen wollen, befindet sich in einem Lebensabschnitt, in dem die Selbstfindung gerade erst beginnt, die Suche nach dem, was man im Leben will.“ Hier setzt sie an, weil sie weiß wie das ist und weil sie selber am Wochenende gerne feiert, aber eben auch Wochenenddienste hat und erst lernen musste, dass sie nichts verpasst. „Gerade bei den Themen Freizeit, Schichtdienst, Wochenenddienst kann ich von mir erzählen, wie ich das mache und dass man ja auch mal einen Dienst tauschen kann.“ Wichtig ist ein Team, in dem man sich aufeinander verlassen kann, deswegen übernimmt Olivia Magalù gerne auch mal die Schicht einer Kollegin oder eines Kollegen. Sie weiß: „Wir haben die gemeinsame Verantwortung für die Menschen in unserem Haus, wenn es ihnen gut geht, geht es auch uns gut.“
Pflege ist und bleibt analog
Aber dabei bleiben die vielen Fragen der Schülerinnen und Schüler nicht stehen. Besonders berührt Olivia Magalù die Intensität der Gespräche, wenn es um Sterbebegleitung geht. „Wir sind ja alle noch sehr jung. Sterben und Tod gehört da eigentlich nicht zu den bevorzugten Themen im Alltag.“ Die Jugendlichen fragen nach wie es den Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern damit geht, wenn jemand im Haus stirbt, wie das Pflegepersonal das verarbeitet? Olivia Magalù erlebt dabei eine Ernsthaftigkeit, die sie immer wieder überrascht, weil die Jugendlichen existenzielle Fragen vertiefen und dabei die Wichtigkeit dieses Berufes grundlegend zu verstehen suchen. „Pflege ist analog und bleibt analog“, sagt sie und „Nähe und Körperlichkeit sind so wichtig, weil beides für Wohlbefinden sorgt, nicht nur bei den Bewohnerinnen und Bewohnern, sondern auch bei uns, den Pflegekräften.“
Vermittlerin zwischen den Welten
Wenn die Jugendlichen sich im Anschluss an das Gespräch für ein Praktikum im Haus entscheiden, dann, so Olivia Magalù, „kommen sie mit einer großen Neugierde und interessieren sich sehr für die Menschen im Haus.“ Sie wollen Lebensgeschichten hören und wirklich Erfahrungen machen – auch wenn es natürlich auch manchmal Überwindung kostet, dabei zu helfen, einen älteren Menschen zu waschen oder beim Essen zu unterstützen. „In diesen Situationen ist der Austausch und das Gespräch sehr, sehr wichtig, Ich möchte, dass gerade die schwierigen Momente in unserem Beruf gemeinsam bewältigt werden und niemand damit alleingelassen bleibt“, betont sie. Es sei wichtig zu verstehen, man sei zwar Dienstleisterin für die Menschen im Haus, gleichzeitig ist es für die, die immer mehr Unterstützung in ihrem Alltag benötigen auch nicht immer einfach, Hilfen anzunehmen. „Hier verstehe ich mich als Vermittlerin zwischen den Welten und erlebe es als sehr beglückend, weil es fast immer gelingt, sie auf Augenhöhe und vertrauensvoll miteinander in Einklang zu bringen.“
Berufsfeld in Bewegung
Altenpflege ist ein Generationenprojekt, das nie aufhört und in einer immer digitaler und perfekter werdenden Welt die Menschen zusammenführt wie in wenigen anderen Berufen. Wer sich für diesen Beruf entscheidet, lebt den Gegenentwurf zur beständig propagierten ewigen Jugendlichkeit. „Das ist das tolle an meiner Arbeit. Ich bin jung, habe noch viel vor und habe gelernt, was wirklich wichtig ist im Leben: Vertrauen und Verlässlichkeit. Das lebe ich im Haus und in meiner Freizeit. Wenn ich das vermitteln kann, dann kann die Lebensrealität älterer Menschen wieder eine gesellschaftliche Normalität für alle werden. Darum geht es doch.“ Olivia Magalù stellt auch fest, dass die neue Pflegegeneration sehr engagiert ist und in diesem Berufsfeld viel Neues und Positives in Rollen kommt. „Die Gesellschaft muss sich aber sehr viel mehr bewusst werden, dass wir diese Herausforderung nur gemeinsam bewältigen.“ Daran will sie mit all ihren Möglichkeiten mitwirken.